Briefkastenfirma

Übrigens, einer der Teilnehmer unserer Brotbackkurse ist österreichischer Bäckermeister. Nach dem Training bei uns hat er sich dem wichtigsten österreichischen Bäcker-Wettbewerb gestellt -und ist mit überragendem Ergebnis zum besten Bäcker Österreichs gekürt worden….^^

Nach Längerem zurück Zuhaus, warteten nette 2 Briefkasten-Überraschungen auf mich:

Lutz‘ Brot-Back-Buch und

das Geschenk des unbekannten Blog-Lesers:

Der Koch

von Martin Suter

Den „Suter“ können wir kurz abhandeln:

zum Espresso irgendwann gegen 17.00Uhr begonnen und zur Nachtruhe aus der Hand gelegt.

Ein vergnüglicher Roman ums sinnliche Kochen und Geniessen ohne -von mir erkannte- logische oder fachliche Schwächen, die mich immer sehr stören.

Schöner Zeiträuber.

Für Lutz‘ Brotbackbuch sollten ein paar Worte mehr übrig sein:

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, nicht zu rezensieren, denn ich brächte die notwendige Disziplin niemals zusammen, ein solches Werk zu schreiben. Deshalb kann es dann bei Kritik immer heissen: Mach’s doch erstmal besser…keine Chance.

Allerdings hat Lutz darum gebeten.

Vorab:

Meinen Mitessern und mir hätte ich vor gut 2 Jahren mit diesem Buch in den Händen eine Menge Schmerzen erspart. Und dem häuslichen Labrador seinen geliebten Status als Restbrotverwerter.

Meine persönliche Brotback-Lernkurve hätte häufiger die Eigenschaft der Nulllinienparallele verlassen.

Für Leser, die nicht nur Rezepte nachbacken, sondern sich auch auf Hintergründe einlassen möchten und mit einem sich langsam ergebenden Grundverständnis der Zusammenhänge des Brotbackens selbst Rezepte entwickeln ohne das bekannte Mantra: „aber geschmeckt hat es trotzdem allen“ weil wieder ein Unwerk den Weg zur Komposttonne nicht gefunden hat.

Für Leser, die keine Angst haben, vom Virus der Sinnlichkeit des Brotbackens befallen zu werden.

Für Leser, die sich vorgenommen haben, Nachbarn, Vorgesetzte mit gutem Brot zu korrumpieren oder mit ihm das andere Geschlecht der Willenlosigkeit anheim fallen zu lassen.

Schellis dicke Kaufempfehlung.

Direkt bei Lutz, weil so sein unverdient spärliches Autorenhonorar deutlich steigt.

Um jedem, der bis hierher durchgehalten hat, nicht noch den Rest des Tages zu versauen, verzichte ich auf Beweis-Zitate:

Ein sehr schöner Einstieg in die Bäckerei guten Brotes, 40 Rezept, nach Schwierigkeitsgrad geordnet, viele -Geschwisterrezepte- kenne ich und halte sie des Nachbackens für würdig.

Was mir besonders gut gefällt:

-die Tabellen: Überblick: wichtigste Werkzeuge und Alternativen, Dampferzeugung, Fehlerdiskussion…

-Aktuelle Ergänzungen zum Buch im Netz.

-die Würdigung der wichtigsten Kriterien für gutes Brot.

Was ich anders gestaltete:

Rund 3 Jahre, nachdem Lutz das Backfieber infizierte, begann er, das Buch zu schreiben. Das Back-Knowhow hat er sich neben dem Vollzeitjob durch Selbststudium angeeignet. Viele Bäckerburschen, die 3 Jahre mit Unterstützung von allen Seiten lernen, haben nach dieser Zeit nicht einen Bruchteil dieser Kompetenz für gutes Brot.

Für mich liegt der erste Schwachpunkt des Buches im Einbau von Angelesenem. Das betrifft im Wesentlichen die Bereiche Kultur der Anderen (nicht-Deutschen) und die Backphysik, Backchemie, Biochemie. Meist deutlich besser als der Rest mir bekannter deutscher Brotbackliteratur, in entscheidenden Augenblicken jedoch manchmal unpräzise, falsche Prioritäten setzend ( z.B. ein Enzym aus einem Stoffwechselprozess herauszureissen um zu behaupten, es sei wichtig. Das Phytin bzw. die Phytase interessiert nicht den engagiertesten deutsche Hobbybäcker. Und es ist eines von sehr, sehr vielen, wichtigen Enzymen…

Mein Steckenpferd, die Naturwissenschaften, fühlten sich hier und da unverstanden.

Mit anderen Worten: in wenigen, unwesentlichen Bereichen bleibt das Buch blaß. Dort, wo ich als Autor nicht sattelfest bin, würde ich insbesondere als Perfektionist das Feld anderen überlassen (mich in der Kunst des Weglassens üben) oder einen kompetenten Coautor ins Boot holen.

Der 2., mich störende Aspekt ist das häufige Fehlen der Dokumentation der inneren Werte der Brote: die Krume.

In bekannten den Foren mutmaßt man regelmäßig, das Brot sei nicht gelungen, wenn einem das Krumenphoto vorenthalten wird. Hier lag es meines Wissens an der Zensur des Verlages.

Schöne Möglichkeit, die Internetergänzung des Buches zu Nutzen.

3. der Erfahrungsschatz Anderer: es gibt engagierte Bäcker, Müller, Backtechnologen, die sich über Jahre und Jahrzehnte mit der Bäckerei auseinandergesetzt haben.

Ihr Wissen einzuarbeiten, könnte die knappe Ausbildungszeit des Autors und damit die zwangsläufig begleitenden Limitationen kompensieren und den Wert des Buches steigern.

Wie gesagt, die Kritik ist im Großen und Ganzen ungerecht, weil ich nach der Nadel im Heuhaufen gesucht habe.

Immernoch gilt: Kaufen!

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